
Marina di Massa: Die Schildkröten sind zurück
Caretta caretta in der Toskana: Warum Schildkröten plötzlich in Marina di Massa nisten, was Freiwillige tun – und wie Strandgäste helfen können, ein kleines Naturwunder zu schützen.
Ein Fund wie aus dem Bilderbuch
Marina di Massa – Ein kleines Wunder spielt sich gerade an der toskanischen Küste ab: Mitten zwischen Sonnenliegen und Beachvolleyballnetzen kriecht die Natur zurück auf die Bühne. Schildkröten, die jahrzehntelang weiter südlich ihre Nester bauten, haben nun wieder Marina di Massa für sich entdeckt. Und das ist nicht nur niedlich – es ist spektakulär.
Eine Rückkehr mit Symbolkraft
Die Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta) ist ein alter Gast im Mittelmeer, aber kein gewöhnlicher in der Toskana. Früher nistete sie weiter südlich, auf Sizilien, in Griechenland, der Türkei. Doch jetzt verlagert sich ihr Lebensraum. Der Grund: Das Wasser des Mittelmeers wird wärmer – mitunter ein willkommener Nebeneffekt des Klimawandels für Tiere, die es tropisch mögen.
Die Schildkrötenmütter graben mit ihren Hinterflossen eine etwa 40 Zentimeter tiefe Mulde, legen ihre Eier hinein und verschwinden wieder in der Brandung. Wochen später beginnt das eigentliche Schauspiel: winzige Schildkrötenbabys schlüpfen und machen sich auf den Weg ins Meer. Ein Wettlauf ums Überleben – vorbei an Möwen, Krabben und gaffenden Urlaubern.
Was für Forscher ein Indikator für tiefgreifende Veränderungen ist, wird für Urlauber zur Attraktion – und für Umweltschützer zur Mission.
Ehrenamt am Limit
Damit das Spektakel überhaupt stattfinden kann, ist rund um die Uhr Engagement gefragt. Freiwillige patrouillieren die Strände, markieren mögliche Nester, spannen Absperrungen und dokumentieren jedes Detail. Der WWF arbeitet dabei eng mit der Universität Pisa, ARPAT (Umweltbehörde) und der Küstenwache zusammen.
„Ohne die Helfer gäbe es keine einzige erfolgreiche Brut hier“, sagt ein Sprecher des Projekts. Inzwischen wurden an der Küste rund um Marina di Massa bereits mehrere Nester entdeckt – ein Rekord für die Region.
Was Urlauber tun können
Der Schutz beginnt mit Rücksicht. Wer in den Abendstunden am Strand ist, sollte grelles Licht vermeiden. Keine Feuerwerke, keine Taschenlampen. Auch Sonnenschirme und Liegen über Nacht auf dem Sand können ein Problem sein – sie versperren womöglich einem Jungtier den Weg.
Besser: Abstand halten, beobachten, staunen – und den Strand den Schildkröten überlassen.
Kleine Panzertiere, große Hoffnung
Dass Schildkröten wieder in Marina di Massa nisten, ist mehr als ein netter Nebeneffekt des Klimawandels. Es ist ein Hoffnungsschimmer. Ein Zeichen, dass Natur zurückkehrt, wenn man sie lässt. Und ein Beweis, dass kollektiver Einsatz – von Freiwilligen, Forschern und Einheimischen – Wirkung zeigt.
Vielleicht gibt es bald einen neuen Titel für die Küste der Versilia: Riviera der Schildkröten. Und das wäre doch eine Geschichte, die man seinen Enkeln erzählen möchte – am besten barfuß im Sand. Und während die Touristen ihren Aperol trinken, krabbeln im Schatten der Liegestühle kleine Wunderwesen dem Sonnenuntergang entgegen.