Die Etrusker – antikes Volk mit rätselhafter Herkunft
Bei den Etruskern handelt es sich um ein antikes Volk, das in etwa im Zeitraum 1000 v. Chr. bis 100 v. Chr. im nördlichen Mittelitalien auf dem Gebiet der heutigen Regionen Toskana, Umbrien und Latium siedelte. Zumindest sind in diesem geographischen Raum und aus dieser Zeitperiode Spuren etruskischer Kultur nachweisbar. Die Etrusker gelten als das Volk, das die erste Hochkultur Italiens hervorbrachte. Im Laufe der Zeit wurden sie von den Römern assimiliert. Sehr spannend und schon seit der Antike kontrovers diskutiert ist die Frage nach der Herkunft der Etrusker. Die Gelehrten streiten darüber, ob diese aus Kleinasien eingewandert sind oder nicht. Ein Grund dafür ist auch, dass die etruskische Sprache, die vor allem epigraphisch (d.h. mittels Inschriften auf Holz, Stein, Glas, Marmor und anderen Materialien) überliefert wurde, linguistisch nicht eindeutig klassifiziert werden kann. Es gibt Hinweise auf eine Verwandtschaft des Etruskischen mit dem vorgriechischen Lemnischen (der Sprache, die auf der Ägäis-Insel Lemnos gesprochen wurde), was die These der etruskischen Einwanderung aus dem ägäisch-kleinasiatischen Raum stützt. Auch neuere Genforschungen legen eine Herkunft aus dem antiken Lydien nahe. Womöglich gab es auch eine Vermischung von Einwanderern aus diesem Raum mit schon ansässigen Völkern, worauf Erbgutanalysen ebenfalls hinweisen.
Unterschätzte Hochkultur mit weitreichendem Einfluss
Die etruskische Kultur ist jedenfalls so faszinierend wie unterschätzt bzw. den meisten unbekannt. Dabei gehen Sprachwissenschaftler beispielsweise davon aus, dass die Etrusker den Römern das Lesen und Schreiben „beibrachten“. Zahlreiche Wörter aus dem Etruskischen fanden Eingang ins Lateinische und damit mittelbar auch in unser heutiges Deutsch. Auszugehen ist von einer deutlichen kulturellen Überlegenheit der Etrusker gegenüber den Römern, jedenfalls am Anfang. Ohnehin waren die Eliten des aufsteigenden Roms lange noch Etrusker. Sie stellten in der römischen Frühzeit sogar einige Könige, so auch den letzten König Roms, Tarquinius Superbus, der 510 v. Chr. vertrieben wurde. Dabei gab es keinen etruskischen Zentralstaat, sondern einen losen Zwölfstädtebund, der weniger politischen als religiösen Charakter hatte. Kulturelle Zeugnisse wie Wandmalereien, Bronzefiguren, Vasen, Statuen etc. deuten auf eine starke Religiosität der Etrusker hin, gleichzeitig scheinen sie sehr lebenslustig (häufige Bankettszenen deuten darauf hin) und weltoffen (Seefahrervolk) gewesen zu sein. Bemerkenswert ist auch, dass Frauen – anders als in vielen anderen antiken Kulturen – nicht nur im Privaten blieben, sondern am öffentlichen Leben teilnahmen, es also offensichtlich eine gewisse Gleichberechtigung gab.
Etruskische Spuren in der Toskana – Volterra & Co.
Wer sich auf die Spuren der Etrusker begeben möchte, wird in der Toskana reichlich fündig. Schließlich stammt auch die Bezeichnung der Region vom lateinischen „Tusci“, also Tusker, wie die Römer die Etrusker nannten. Allein sechs der Städte aus dem Zwölfstädtebund befinden sich in der Toskana: Chiusi, Vetolunia, Volterra, Cortona, Arezzo und Fiesole. Und jede einzelne ist eine Reise wert. Volterra, das etruskische Velathri, beispielsweise wartet mit jeder Menge Sehenswürdigkeiten aus etruskischer Zeit auf: Am höchsten Punkt der Stadt befand sich das religiöse Zentrum, die etruskische Akropolis. Auf diesem Areal können Fundamente mehrerer Tempelanlagen aus dem 3. bis 2. Jahrhundert v. Chr. und auch Spuren der ältesten Stadtmauer bestaunt werden. Ebenfalls in Volterra steht das älteste erhaltene etruskische Stadttor Italiens, die monumentale Porta all’Arco aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Möchte man sich der etruskischen Kultur nähern und diese verstehen, ist eine Betrachtung etruskischer Gräber lohnenswert. In Volterra empfiehlt sich da die Besichtigung des größten etruskischen Friedhofs, der Nekropole von Portone im Norden der Stadt. Zahlreiche Funde aus etruskischer Zeit werden natürlich in Museen ausgestellt. Zu den bedeutendsten etruskischen Museen in Italien zählt das Guarnacci-Museum in Volterra, in dem man einen Querschnitt der etruskischen Hochkultur im Norden von Etrurien präsentiert bekommt. Highlight: ca. 600 meisterhafte etruskische Relief-Urnen mit den Verstorbenen als Liegefigur auf dem Urnendeckel.